Was geschah

  B 7      12.10.2006   

  

 Was ist passiert?

 

Ich kann an dieser Stelle nur die Fakten nennen, beschreiben was vermutlich an diesem Tag passiert ist, das mein Leben und

das Leben vieler anderer vollständig verändert hat.

 

 

Wo soll ich anfangen, wo soll ich aufhören? Es fällt mir schwer darüber nachzudenken, darüber zu reden und gerade auch jetzt

etwas darüber zu schreiben.

Wie soll ich es schreiben, was soll ich schreiben? Ich muss und möchte mich an die bekannten Fakten halten:

 

 

Am Bahnhof in Helsa treffen sich, wie so häufig, an diesem Tag mehrere Jugendliche / junge Erwachsene. Es wird miteinander

geredet, miteinander etwas getrunken, etwas gegessen, geraucht. Es ist kurz nach 20:00 Uhr. Es wird beschlossen nach Hessisch

Lichtenau zu fahren. Es bilden sich zwei Fahrgemeinschaften. Zwei Fahrzeuge fahren vom Bahnhof in Helsa in Richtung B 7 weg.

Es ist trocken an diesem Abend und bereits dunkel.

 

Das erste Fahrzeug, das an der roten Ampel an der Zufahrt zur B 7 steht, wird geführt von einem 18-jährigen aus Hessisch Lichtenau.

Neben ihm sitzt auf dem Beifahrersitz meine damals 15-jährige Tochter Julia. Im Fond auf der Rückbank sitzt eine Freundin, damals 16 Jahre alt.

Das zweite Fahrzeug, das unmittelbar dahinter fährt, wird von einem ebenfalls 18-jährigen geführt, neben ihm sitzt ein damals 16-jähriger.

 

 

Nunmehr kann ich mich nur auf die Ermittlungen der Polizei und die Feststellungen der Unfallsachverständigen, mithin die Spurenlage am Unfallort, stützen. Denn niemand außer den Beteiligten hat den Unfallhergang gesehen:

 

 

Die Ampel springt auf grün, die Fahrzeuge fahren an, biegen auf die B 7 in Richtung Hessisch Lichtenau. Es ist 20:20 Uhr. Auf der

B 7 fährt man erst Kolonne, dann überholt das zweite Fahrzeuge das Erste auf der Überholspur und schließt den Überholvorgang erst nach Begin des Überholverbotes ab, um das überholte Fahrzeug nicht zu gefährden.

 

Das überholte Fahrzeug fährt schnell, kommt leicht nach rechts von der Fahrbahn ab, verlässt aber nicht die Fahrbahndecke. Vermutlich zwei starke gegensätzliche Lenkbewegungen schaukeln die Karosserie hoch, das Heck des Fahrzeuges bricht nach rechts aus und schleudert somit entgegen dem Uhrzeigersinn nach links über die Gegenfahrbahn. Im linksseitigen Grünstreifen beginnt das Fahrzeug zu kippen, durchbricht das Hinweisschild zur Verkehrsführung und prallt mit der rechten Fahrzeugseite bzw. dem Dach im hinteren Bereich der Beifahrertür gegen den dort stehenden Baum. Der heftige Anprall hat die Fahrgastzelle zerstört bzw. die Karosserie teilweise auseinandergerissen.  

 

Die durchgeführten Untersuchen haben an dem verunfallten Fahrzeug keine unfallursächlichen technischen Mängel festgestellt.

Keine der verunfallten Personen hatte Alkohol oder Drogen konsumiert.

Die Geschwindigkeit des verunfallten PKW lag zu Begin der Triftspur bei 112-127 Km/h. Beim Aufprall am Baum ca. 70 Km/h.

 

Zusätzliche Messungen haben ergeben, dass die Entfernung Begin Sperrfläche-erste Triftspur  189,6 Meter oder 5,25 Sekunden bei Tempo 130 Km/h beträgt.

 

 

Meine Tochter Julia verstarb sofort durch den Anprall an der Unfallstelle. Der junge Fahrer wurde aus dem Fahrzeug geborgen und verstarb auf dem Weg ins Krankenhaus. Die junge Frau, die auf der Rücksitzbank saß, wurde geborgen und schwer verletzt ins Krankhaus transportiert. Sie überlebt den Unfall.

 

Die zwei jungen Männer aus dem ersten Fahrzeug bemerken, dass ihnen das überholte Fahrzeug nicht mehr folgt. Sie fahren bis zur Ausfahrt Eschentruth, wenden dort ihr Fahrzeug und warten vergeblich auf das überholte Auto und fahren auf der B 7 zurück. Als sie an der Unfallstelle ankommen, sind dort bereits andere Verkehrsteilnehmer, die helfen.

 

 

Dies zum eigentlichen Unfallhergang, soweit er mir bekannt ist.

Für mich stellte sich sofort, und heute noch immer, die Frage, wie es zu diesem Unfall kommen konnte. Soweit mir bekannt ist, hat die Polizei in Zusammenarbeit mit einem technischen Sachverständigen, umfangreiche Ermittlungen geführt. Dabei wurde gerade der Überholvorgang, der unmittelbar vor dem Unfall stattfand, untersucht. Keine der Feststellungen deuteten darauf hin, dass es eine wie auch immer geartete Berührung gegeben haben soll. Die Mobiltelefone aller Beteiligten wurden überprüft und festgestellt, dass diese nicht genutzt wurden. Die Mitfahrerin konnte sich zum damaligen Zeitpunkt an den eigentlichen Unfallablauf nicht mehr erinnern. 

 

 

So kann ich zum heutigen Zeitpunkt nur davon ausgehen, dass der Unfall durch einen Fehler des jungen Fahrzeugführers verursacht wurde.

 

Vielleicht klärt sich später einmal, durch weitere Erinnerungen, eine genauere Sicht auf die Dinge.

 

Es ist sehr schwer genug für mich, mit dem Unfalltod meiner Tochter leben zu müssen, aber noch schwerer ohne den eigentlichen Unfallgrund zu kennen.

 

Trotz, oder gerade durch die feststehenden Fakten ergeben sich immer noch und wieder  Fragen über Fragen. Nicht  nur bei mir / für mich, sondern auch viele andere, mit denen ich gesprochen habe, denen ich zugehört habe, stellen sich immer wieder Fragen. Sie werden vielleicht im Laufe der Zeit beantwortet werden, oder immer offen im Raum stehen bleiben. Wer weiß das schon.

 

Einen Raum um diese mir/uns wichtigen Fragen zu stellen, werde ich noch einrichten!